Nach Zypern und der Steueroasen-Debatte ist Wiens Position nicht mehr zu halten – Ausgabe vom 6./7.4.2013
Wien (ots) – Reflexartig haben die österreichischen Politiker auf die Enthüllungen der Daten aus den Steueroasen reagiert: Sowohl Finanzministerin Maria Fekter als auch Staatssekretär Andreas Schieder haben das Bankgeheimnis verteidigt. Dass die Vertreter der beiden Koalitionsparteien gleichzeitig beteuern, die Steueroasen müssten trockengelegt werden, offenbart eine Doppelbödigkeit, die an Frechheit grenzt. Österreich blockiert seit Jahren mit Luxemburg innerhalb der EU die Weitergabe von personalisierten Daten ausländischer Bankkunden. Die österreichische Regierung muss sich den Vorwurf gefallen lassen, Steuersündern ein Versteck zu bieten. EU-Kommissar Algirdas Semeta wies jüngst in einem Standard-Interview darauf hin, dadurch werde verhindert, dass andere Länder „die ihnen zustehenden Steuern eintreiben“. Währungskommissar Olli Rehn nannte vor kurzem im Magazin Profil das Bankgeheimnis in einem Atemzug mit Steuerflucht und Geldwäsche. Nicht jeder, der im Ausland – sei es in Österreich oder auf den Cayman-Inseln – Geld anlegt, ist automatisch ein Steuerbetrüger. Es gibt auch Steuerschoner wie Frank Stronach, der sich während des Wahlkampfes aus Steuergründen in Kanada aufhält. Aber ein Land wie Österreich steht durch die Verteidigung des Bankgeheimnisses unter Generalverdacht, dass Gelder versteckt und Steuern vermieden werden. Dazu kommen Abkommen wie jenes mit Liechtenstein: Steuerflüchtlinge können durch einen geringen Obolus ihre Schulden aus der Vergangenheit begleichen – sich freikaufen. Damit untergräbt Österreich die Bemühungen der EU, die Steueroasen Liechtenstein und Schweiz auszutrocknen. Österreichs Schutz für Steuerflüchtlinge ist gegenüber anderen Staaten, denen dadurch Einnahmen entgehen, unsolidarisch. SPÖ und ÖVP widersprechen damit auch innenpolitischen Kernbotschaften: Das Credo der Volkspartei, Leistung müsse sich lohnen, wird ad absurdum geführt. Brave Lohnsteuerzahler und kleine Unternehmen können es sich durch Verhandlungen mit der Finanz nicht richten. Die Sozialdemokraten fordern zwar, Vermögende zur Kasse zu bitten. Gleichzeitig verteidigen sie die Geheimhaltung und ermöglichen damit Steuerhinterziehung. Dass viele Österreicherinnen und Österreicher das Bankgeheimnis verteidigen, hat mehr mit Psychologie denn mit praktischem Nutzen für jeden Einzelnen zu tun. Aber das Beispiel Zypern und die weltweite Empörung über das Steueroasen-System offenbaren: Sonderstellungen werden nicht mehr akzeptiert. Länder, die sich dieser Diskussion nicht stellen, werden international an den Pranger gestellt. Äußerungen wie jüngst von Bank-Austria-Chef Willibald Cernko zeigen, dass österreichische Spitzenbanker wissen: Das Bankgeheimnis ist nicht länger zu halten. Es steht auch Österreichs Reputation und Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Sie sind damit den Politikern an Einsicht voraus. Dass österreichische Banken potente und auf Verschwiegenheit bedachte Kunden an Panama oder die Cayman-Inseln verlieren könnten, darf nicht der Grund für die weitere Blockade des Informationsaustausches auf EU-Ebene zu sein. Österreich wäre dafür den Ruf los, nicht ganz saubere Geschäfte zu decken und ein Steuerparadies zu sein. Wer nichts zu verbergen hat, braucht kein Bankgeheimnis.
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