Weiße Raubkatze : BMW M6 Cabriolet

Von Bernd Korbach am 12 - März - 2008  NEWS ALERT ABO

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Bevor ich mich an diesen Fahrbericht rangesetzt habe, ging mir folgendes durch den Kopf:

Wie beschreibt man den galaktisch geilen Sound eines V10 Motors auf dem Papier, wenn der Leser diesen bisher niemals zu hören bekommen hat? Vielleicht schauen Sie ja gerne Formel 1. Denken Sie mal an die Passagen, wenn Mister Schumacher an die Box fuhr. Da hätten wir schon mal das Standgeräusch: wwww!!! Reifen druff, Spritbesäufniss erledigt, der F1 Bolide setzte sich wieder in Bewegung: wwwwiiiiiiii, wiiiii, wiiiiiauuu.

Haben Sie es wieder? Halten Sie den Gedanken fest. Es geht weiter mit der phantasievollen Minute in Richtung der straßenzugelassenen Supersportler, vorbei am brummigen brachialen Lamborghini Gallardo, vorbei am Halleluja kreischenden Porsche Carrera GT. Ok, jetzt stellen Sie sich dieses Geräusch noch ein paar Nuancen dezenter in der Karosserie eines Grand Tourismo der Oberklasse vor. Da haben wir es, das BMW M6 Cabriolet bei seiner Arbeit. Wir drücken gleich den Startknopf, also Sound weiterhin im Kopf behalten.

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Bei BMW gibt es für mich ja immer eine Art Zwiespalt. Einerseits habe ich mittlerweile das dumpfe Gefühl, dass die BMW 3er Modelle schon in der Produktionsphase in Richtung Mekka gerichtet werden, andererseits kommen dann doch wieder so phantastische Fahrzeuge wie dieser Lausbub zustande. Am Design gibt es nichts zu meckern. Die Kombination aus weißem Lack, roten Ledersitzen und schwarzem Pianolack auf den Armaturen lässt dieses Auto keinen Augenblick lang übertrieben aussehen. Es passt einfach.

Die Front vermittelt mit der langgezogenen Motorhaube eine angenehme Mischung aus Kraft und Aggressivität. Die Spielerei mit den in den Frontscheinwerfern integrierten Lichtringen kommt hier ganz besonders gut zur Geltung. Auch an der Karosserie sitzt jede noch so kleine Falte perfekt. Einen wahrhaft glänzenden Abschluss bildet das kantige Heck, das sich mit vier verchromten Endrohren von Möchtegerndränglern verabschiedet. Es kristallisiert sich heraus; hier steht ein Bodybuilder im Designeranzug.

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Das Problem mit einem Bodybuilder ist allerdings folgendes. Ordentlich durchgeführt kommt ein ästhetisches Kunstwerk zustande, eine Symbiose aus Kraft und visuellem Muskelerzeugniss. Doch wer zuviel des Posens für sich beansprucht, der legt auch ordentlich an Masse zu. Ein Blick in den Fahrzeugschein macht klar: Hier steht nicht nur ein Kraftpaket, nein hier steht auch ein kleines Gewichtspummelchen von knapp zwei Tonnen.

Doch BMW hat einen Leitspruch, der da heißt: Freude am Fahren. Was machen die schlauen Jungs also? In die hübsche Karosserie mit dem ganzen „Luxus-Krims-Krams“ wird ein dicker fetter 507 PS starker V10 verpflanzt. Der ist gnadenlos auf Vortrieb getrimmt und lässt die Reifen bei 520 NM ordentlich bluten. Hinzu kommt ein individuell anpassbares Fahrwerk, das sich über ein paar Knöpfe in der Mittelkonsole in sechs Stufen vom Cruiser zum harten Sportler entwickelt. Wer seine optimale Einstellung gefunden hat, speichert sich das jeweilige Programm auf die M-Taste am Lenkrad ab. So wird der M6 in Sekundenbruchteilen von der Mieze mit gedämpften 400 PS im Normalmodus zum brachialen Raubkätzchen mit Jagddrang.

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Doch nun starten wir die kleine Mieze erstmal. Ein kurzes Surren und Wrrrrrrr. Da ist er, der V10 Sound. Wrrrr, Wrrrrrrrriiii. Sorry, das Gaspedal-Spiel musste gerade sein. Irgendwie klingt mir das aber noch zu dumpf. Also, weg mit der Mütze und lass die Sonne rein. Innerhalb von 25 Sekunden verschwindet das Verdeck im Heck. Das klappt zur Not auch bei bis zu 30 km/H. So nun nochmal. Wrrrr, Wrrrrrriii, Wraaaauuu. Ich drücke die M-Modus-Taste, wähle mit dem Schaltpedal hinter dem Lenkrad den 1. Gang und trete das Gaspedal in Richtung Mondumlaufbahn.

Die Hinterräder geben sich ordentlich Mühe, Traktion zu finden. Aber nicht doch, ich will Rauch sehen, und so knallt das Gaspedal noch weiter in Richtung des Fußraumbodens. Erst bei knapp 8.000 U/min zeige ich mich gewillt, den nächsten Gang einzulegen, um die Reifen weiter zu quälen. Woooohaaa – in 4,8 Sekunden sind 100 km/H erreicht und von Schwäche keine Spur zu sehen. Baby, du hast einen neuen Fan gefunden, der dir wohl jede Menge neuer Schuhe kaufen muss, wenn du immer so abgehst.

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Das M6 Cabriolet lässt sich so gut wie nie aus der Ruhe bringen. Jede noch so kurvige Landstraße wird problemlos mit ordentlichem Speedüberschuß gemeistert. Hart gefahrene Kurven werden hier und da mal mit einem kleinen Wedeln über die Hinterräder beantwortet, dennoch ist das Fahrwerk darauf so gut abgestimmt, das sich das Heck auch wieder schnell einfangen lässt. Lediglich wenn die Bremse mal härter gefordert wird, und hart zubeißen muss, wird das hohe Gewicht spürbar. Bei solchen Autos kriege ich in Hamburg aufgrund nicht vorhandener Rennstrecken jedes Mal Dauerdepressionen.

So sehr das Spiel mit den Schaltpaddels auch Spaß macht, im Automatik-Modus entwickelt sich das 7-Gang-SMG-Getriebe zu einem eher nervigen Akt. Die Schaltvorgänge sind teilweise zu ruckelig und unharmonisch gestaltet worden. Der manuelle Modus über die Schaltpedals ist besonders im Stadtverkehr um einiges positiver ausgefallen. Und wo ich gerade so schön am Meckern bin: Das I-Drive ist nach wie vor eine Schnarchnummer und das Menu nach wie vor viel zu umständlich in etliche Unterordner unterlegt.

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Seine kompromisslose Kraft führt der V10 gerne vor. Auf der A7 kommt es zu einem interessanten Duell zwischen einem Porsche 911 GT3 und unserem Musterschüler aus München. Die Gedankengänge der beiden könnten in etwa so gedeutet worden sein:

Porsche GT3: „Hoho, Herr Poser-BMW möchte einen auf dick Welle machen. Na dann komm doch mal.“

BMW M6: „Da bekomm I ma was ordentliches zum Naschen!!!“

Das Duell beginnt. Der leichtfüßige GT3 schießt wie vom Blitz getroffen im unteren Bereich bis knapp über 220 trotz Minderleistung los, der BMW hält gut mit. Doch dann ändert sich das Kräfteverhältnis. Der vermeintlich schneller geglaubte GT3 wirkt immer angestrengter, der M6 hört gar nicht auf an Schubkraft zu gewinnen. Seine bösen Augenringe bohren sich schon geradezu in das Kultheck des 911ers. Das ist schon keine Jagd mehr, das geht mittlerweile in die Vergewaltigung über. Doch bevor die Beute erlegt werden kann, wird der weiße Jäger laut Herstellerangaben bei 250 km/h an die Leine gelegt. Das Head Up Display spricht allerdings eine andere Sprache und hört erst bei 275 mit dem Vorwärtsdrang auf. Mit vom Lack abperlendem Angstschweiß schießt der GT3 noch ein leicht zitterndes „Looser“ aus dem Auspuff bevor er in die Region der 300 verschwindet.

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Leider wurde diesem Auto keine Höchstgeschwindigkeit von 305 km/H spendiert. Ist ja auch logisch, warum sollten die Hochgeschwindigkeitsreifen ihren Job tun können ohne dass man nochmal ein paar Taler rüber wachsen lassen muss. Für einen Preis von etwa 2000 Euro wird die Vmax auf 305 km/H angehoben. Zusätzlich bekommt man noch ein kleines Fahrertraining vor die Nase gesetzt. Macht Sinn, denn bei 250 km/h ohne Fahrsicherheitstraining einen Unfall zu bauen, ist wesentlich sicherer als bei 300 Sachen mit Fahrsicherheitstraining irgendwo reinzuballern.

Und überhaupt kommt man sich als Kunde von BMW doch ziemlich vereimert vor, wenn einem der Riegel für die Porschehatz vorgelegt wird als wäre man ein Kleinkind. „Liebes BMW-Team: Das dürft Ihr gerne weiter bei Euren Limousinen tun, aber doch nicht bei einem vor Kraft strotzenden 120.000 Euro Sportwagen!!!“

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Eins ist sicher. Mit diesem Auto helfen Sie Vater Staat, die Kassen zu füllen. Sobald das Gaspedal Arbeit bekommt, nuckelt das weiße Riesenbaby ohne Reue genüsslich Liter für Liter aus dem Tank, und schert sich einen Scheißdreck um die Rekordpreise an den Zapfsäulen. Diesem Auto darf ohne zu zögern die „Staatsdiener“-Plakette auf den Hintern geklebt werden. Co2-Diskussionen dürfen mit den Besitzern eines M6 einfach nicht geführt werden, denn warum so ein Auto unbedingt sein muss, ist aus der ökologischen Sicht wohl nie zu verstehen.

BMW hat hier einen „fast“ perfekten Sportwagen mit Rasse geschaffen. Er bietet Fahrspaß in fast jeder Situation, glänzt mit einem satten Sound und ist hochwertig verarbeitet. Und so wollen wir das auch haben. Basta!

Datenblatt: BMW M6 Cabriolet | Heckantrieb | V10 | Hubraum: 4.999 cm³ | 373 kw (507 PS) bei 7.750 U/min | 520 Nm bei 6100 U/min| Vmax: 250 km/H (abgeriegelt) | Beschleunigung 0- 100 km/h in 4,8 s | Co2 Emission g/km: 366 g | Preis: ab 120.500,00 EUR inkl. MwSt.
Text und Fotos: Mario-Roman Lambrecht (marioroman pictures)

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