Auf Schienen gebaut – Porsche 997 GT3

Von Bernd Korbach am 11 - Oktober - 2007  NEWS ALERT ABO

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1-2-3-4… jaaa, da leck mich doch einer am Ar…!!! Oh Entschuldigung, Sie sind schon hier? Sie schauen so interessiert. Kommen Sie rein, wir drehen mal eine Runde. Ja ich weiß, ist etwas umständlich, in die Schalensitze hinein zu schlüpfen aber glauben Sie mir, sie erfüllen ihren Zweck. Wenn man erst einmal drin ist, fühlt man sich geborgen wie im Mutterleib. Was für ein Modell ich hier fahre?

Sie haben gerade die seltene Gelegenheit, einen Porsche 997 GT3 aus der Nähe zu erfahren. Meine kleine Wochenendschleuder, welche ich mir vom Porsche Zentrum Hamburg geborgt habe. Lassen Sie mich ein wenig zu diesem herrlichen Modell erzählen, bevor ich mit Ihnen eine Runde drehe!

Stellen Sie sich vor, Sie haben knapp 45 Jahre auf Ihrem Buckel, sind ein attraktiver Mann mittleren Alters. Sie sind erfolgreich im Berufsleben. Sie haben sich Ihren guten Ruf hart erarbeitet und auch die gesunde Portion Neid fliegt Ihnen entgegen. Sie genießen es, im Alter der Perfektion einen Schritt näher zu kommen. Doch irgendwann kommt der Augenblick, in dem die Midlife Crisis jeden Mann erreicht – mal besonders hart, mal weniger hart.

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Das ist dann der Augenblick, in dem Sie Auge in Auge mit einem aktuellen Porsche 911 stehen. Was wird den neueren Modellen nicht alles vorgeworfen: Zu verweichlicht, zu lifestylelastig, irgendwie zu metro. Ja es stimmt, ein Porsche 911 ist zahm geworden im Alltag. Es spielt keine Rolle, ob Fahranfänger oder Fahrkünstler. Ein 11er ist das Produkt der Porsche-Perfektion. Jeder der drin ist, der kann auch. Was für eine Schande, dass ein Porsche mittlerweile im Stande ist, als Ganzjahresauto missbraucht zu werden – dazu auch noch wassergekühlt. Nicht zu vergessen die deutlich gestiegene Anzahl der weiblichen Porschefahrer, die manch einem Macho unter den Sportwagenfahrern das Grinsen im Gesicht erfrieren lässt.

Und dennoch laufen die Kunden scharenweise in die Porsche Zentren und lassen die Verkaufskurve nach oben schnellen. Irgendetwas muss man in Stuttgart also richtig gemacht haben, gilt ein Porsche 911 doch immer noch als Referenzprodukt für jeden Test gegen andere Sportwagen seiner Klasse. Doch Porsche wäre nicht Porsche, wenn nicht auch die Chauvis unter den Fahrern ihre Gelegenheit bekommen könnten, sich zu beweisen.

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In traditionellem Weiß steht er vor mir. Auf den ersten Blick eher unscheinbar und sofort als Kult-Elfer erkennbar; doch eben dieser Blick wandert auch auf den Heckflügel, den der GT3 voller Stolz präsentiert. Und natürlich gibt es auch jetzt wieder Traditionsmenschen, die jammern, weil für sie die Form des 911 damit zerstört wird. Lassen wir diese Menschen doch jammern. Die Silhouette des Porsche 911 ist nach wie vor einwandfrei erkennbar. Der Heckspoiler ist nicht ohne Grund vorhanden. Er presst den reinrassigen Sportler dahin, wo er auch hingehört: Knallhart auf den Asphalt. Und bevorzugt sollte der Asphalt Bestandteil einer Rennstrecke sein. Die Rennstrecke werden wir heute allerdings nicht befahren, dafür zeige ich Ihnen mal, wie sich der Porsche 997 GT3 mit dem „Biertheken-Heckspoiler“ im Alltag verhält.

Sie wundern sich? Ja, ein GT3 kann ohne große Probleme im Alltagsverkehr bewegt werden. Es macht zwar nicht wirklich Spaß, eine Bodenunebenheit zu erwischen und auch die Frontlippe ist traditionsgemäß nicht wirklich dauerhaft haltbar. Wer aber so veranlagt ist, dieses Auto im normalen Straßenverkehr für den Alltag nutzen zu wollen, der ist halt ein wenig masochistisch drauf. Trotzdem empfiehlt es sich, 30er Zonen mit den beliebten „Spoilerzerkratzern“ zu vermeiden.

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Zum Glück lässt das erstmalig im GT3 verbaute Aktiv-Fahrwerk PASM noch eine Art von vernünftiger Dämpfung durchschimmern; diese schont den Rücken auf Dauer zumindest ein wenig. Der Sport-Modus lohnt sich eigentlich nur auf (hoffentlich gut geteerten) Landstraßen oder eben auf der Rennstrecke. Ein anderes Einsatzgebiet hierfür wäre aber auch eine Schotterpiste, sollte sich die holde Begleitung auf dem Beifahrersitz über Ihren Fahrstil beschweren.

Mit dem GT3 verhält es sich auch fahrtechnisch wie in einem Sado-Maso Club. Jeder Gangwechsel wird von einem energischen Sound aus der mittig platzierten Abgasanlage begleitet, der danach fleht, die Gänge mit Schmackes einzulegen. Das geschieht auch alles sehr männlich. Die Kupplung verhält sich wie eine Beinpresse, die Gänge sind auf Grund der Schaltwegverkürzung knackig aber auch hart einzulegen.

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Im Gegensatz zur alten Abgasanlage konnte ein Gewichtsvorteil von 10 Kilogramm erreicht werden. Sie ist besonders stromgünstig ausgelegt, bestehend aus zwei schaltbaren Vorschalldämpfern und einem großvolumigen Hauptschalldämpfer. Die verkürzten Gänge zwei bis sechs sorgen für eine optimale Zusammenarbeit mit dem äußerst drehfreudigen Boxermotor. Schnell ist die Drehzahl auf über 8000 U/min hochgeschnellt, da warnt auch schon die Hochschaltanzeige, dass es höchste Zeit wäre, den Gang zu wechseln. Und das gleich sechsmal… Traumhaft.

Hey! Sie fangen an zu gähnen, langweile ich Sie? Sie haben Recht, lassen Sie uns zur Praxis kommen. Starten wir den Motor und legen wir den ersten Gang ein. Angeschnallt? Los geht’s! 1, 2, 3, 4, ohhh yeah, so will ich das haben. 4.3 Sekunden von 0 auf 100, 405 Nm, das ist pure Freude am Autofahren, das ist Lust, das ist Gier. Die Gier nach mehr Kurven – schauen Sie, ich habe für Sie eine extra kurvige Strecke auf der Landstraße ausgesucht. Nun wird es Zeit, das PASM auf Sport zu stellen. Wir prüfen jetzt die Griffigkeit der Leichtschalensitze mit Alcantara-Bezug. Sofort wird der GT3 ein wenig giftiger, Spaß ist garantiert.

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Die Semi-Slicks krallen sich geradezu in jede Kurve. Kompromisse ausgeschlossen. Bei Kurvengeschwindigkeiten, in den andere Autos in der PS-Klasse schon so langsam in den Driftbereich kommen – es soll ja Journalisten geben, die den aktuellen BMW M3 gegen dieses straßenzugelassene Rennauto antreten lassen – gibt sich der GT3 so spurneutral und rotzig, als wäre er auf unsichtbaren Schienen gebaut worden. Mit 180 in die Kurve? Kein Murren, kein Zerren, kein Quietschen – einfach nur sauber. Dabei hängt der GT3 immer sensationell perfekt am Gas, so dass jedes Rausbeschleunigen aus der Kurve ein neues Grinsen verursacht. Das Heck aus der Ruhe zu bringen, erfordert wirklich ganz extreme Fahrmanöver, die ich Ihnen, Ihrem kreidebleichen Gesicht entnehmend, nicht zumuten werde.

Dennoch muss ich Ihnen diese phänomenalen Bremsen vorführen. 350 Millimeter große Bremsscheiben an der Vorder- und Hinterachse werden vorne von Sechskolben- beziehungsweise hinten von Vierkolben-Sätteln in die Zange genommen. Eine neue Bremskraftverteilung sorgt für mehr Kraft auf der Hinterachse und vermindert somit das unbeliebte Faden und verkürzt auch den Bremsweg.

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Natürlich können Sie das mit den Porsche Keramikbremsen toppen. Aber ich denke, wo wir gerade schon stehen, ist eine kleine Pause vielleicht nicht so schlecht. In der Zeit können Sie sich ja das mit Alcantara verzierte Cockpit ansehen. Es ist sonst aber alles relativ nahe an der Serie geblieben. Das Clubsport-Paket beinhaltet den netten Käfig im Hintergrund. Dieser sorgt für noch mehr Steife in den Kurven und natürlich für noch mehr Sicherheit im Falle eines Überschlages. Rücksitze gibt es selbstverständlich nicht. Wozu auch, nerven die Dinger doch eh immer beim Einladen des Gepäcks. Zudem spart es Gewicht. Und der GT3 ist nun mal eine Leichtbau-Version vom Standard Elfer gepaart mit einer Extraprise Power.

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Geht es Ihnen wieder gut soweit? Ja? Okay, dann nehmen wir doch gleich mal die Autobahnauffahrt. Es geht wieder los, der Kickdown, die Hochschaltanzeige, der Drehzahlmesser, die Beschleunigung. Knapp 14 Sekunden benötigt der GT3 von 0 auf 200. Easy. Mit 415 PS und 1.395 Kilo hat der GT3 ja auch ein leichtes Spiel. Er verfügt über ein umfassendes Traktionspaket. Das Differenzial bietet eine asymetrische Sperrwirkung von 28 Prozent unter Last und 40 Prozent unter Schub.

Vom Paten aller Porsche, dem Carrera GT, wurde die neue abschaltbare Traction Control adaptiert. So kommen Sie auch auf den nassen Straßen einigermaßen vernünftig voran. Wir peilen die 250 an, die Tachonadel hört nicht auf zu rennen: 260, 270, 280, 290, 300, 310. Die auf dem Papier angegebene Vmax ist erreicht. Der Tacho stoppt bei 326 km/h, bevor wir wieder vom Tempo gehen und die nächste Autobahnausfahrt nehmen. Hey, was sehe ich da bei Ihnen? Ihre Augen glänzen ja, Sie strahlen über das ganze Gesicht.

Ihnen hat die Ausfahrt gefallen? Moment mal, da vorne ist schon die Nordschleife, jetzt geht der Spaß erst richtig los…..

Text + Fotos: Mario-Roman Lambrecht

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